Eine gute Nachricht ist schon, dass Ronja von Wurm-Seibel dieses Buch geschrieben hat.

Und genau darum geht es in ihrem Buch: Darum, dass gute Nachrichten in unserem Leben zu kurz kommen und wie man das ändern könnte.

Doch zunächst einmal beschreibt sie die Ausgangssituation sehr treffend, in der wir täglich von Schreckensnachrichten aus aller Welt bombardiert werden. Als Journalistin weiss sie wovon sie spricht. Erst Recht als eine, die zwei Jahre in Kabul gewohnt und direkt von dort berichtet hat.

Sie hat aber auch hier zu Hintergründen recherchiert und erwähnt Studien aus der Psychologie und Hirnforschung, die schon lange bewiesen haben, welchen Schaden es anrichtet, wenn wir uns übertrieben stark auf negative Nachrichten fokussieren. Ängste und Depressionen sind daher die logische Konsequenz von hohem Medienkonsum mit ständigen Unglücksmeldungen.

Das Gute im Schlechten

In ihrer Zeit in Kabul, und das finde ich besonders bemerkenswert, hat sie mehr noch als sonst nach dem Guten im Schlechten gesucht. Und ist mit dieser Haltung bis heute immer wieder angeeckt.

Dabei geht es ihr gar nicht darum, die negativen Dinge schönzureden oder zu verschweigen, sondern vielmehr darum, auch Lösungen und konstruktive Ausblicke zu beschreiben.

Vor einigen Jahren ist mir dieser journalistische Ansatz bereits unter dem Titel konstruktiver bzw. lösungsorientierter  Journalismus begegnet, der damals wie wohl auch heute noch eine Nische darstellt.

Immerhin bekommt die Bewegung durch das Buch von Ronja von Wurmb-Seibel nun wieder mehr Publicity. Und die ist gerade in der aktuellen Zeit mehr als nötig.

Die Welt wird nicht immer schlechter – jedenfalls nicht statistisch betrachtet

Interessant sind auch Erkenntnisse aus der Wissenschaft, die zeigen, wie sehr die Menschen dazu neigen, negative Nachrichten überzubewerten. Der Eindruck, dass die Welt immer gefährlicher geworden ist, ist in Hinblick auf Statistiken nicht zutreffend. Gefühlt aber schon. Das liegt an den Nachrichten und daran, wie diese im Bewusstsein verankert werden.

Lösungsorientierter Journalismus denkt eher wie ein Coach

Wie wir die Welt sehen CoverUngefähr ein Drittel des Buches beschäftigt sich damit, wie man lösungsorientierte Geschichten findet und ist damit nicht nur ein Kurs für Journalisten, den ich zum Pflichtfach machen würde. Es ist auch ein Kurs im Umdenken, den ich als Coach mit vielen meiner Klienten ebenfalls immer wieder durchlaufe. Und mein Clearvision Podcast verfolgt ja ebenfalls den Ansatz, positive Impulse den vielen negativen Nachrichten entgegenzustellen.

Die Autorin hat eine Formel gefunden, die sie „Scheisse plus X“ nennt. Damit meint sie, dass man in negativen Geschichten danach suchen sollte, was zu einer Lösung führen könnte oder die Geschichte zu einem besseren Ende führen.

Nach jedem Kapitel des Buches hat die Autorin kleine Übungen und Gedankenexperimente gesammelt, die auf dem Weg des Umdenkens begleiten können.

Wenn ich eine Sache an diesem Buch kritisieren würde, dann ist es die “gegenderte” Schreibweise, die den Lesefluss für die “Leser*innen” doch erheblich bremst. Von mir aus hätte der Verlag lieber alles in die weibliche Form gebracht als dieses Wortgemüse zu erzeugen. Das ist aber auch schon alles, was ich an diesem Buch zu bemängeln habe und empfehle es von Herzen zur Lektüre.

Das Buch von Ronja von Wurmb-Seibel heisst „Wie wir die Welt sehen: Was negative Nachrichten mit unserem Denken machen und wie wir uns davon befreien“ und ist im Kösel Verlag erschienen. Es kostet 18,- EUR (z.B. bei Amazon)